„Ich bin auch schlagfertig, aber erst nach 10 Minuten.“ Werner Finck (Schauspieler, Kabarettist und Schriftsteller)
Wir kennen alle die Situationen, in denen wir auf ungerechtfertigte Einwände bis hin zu Beleidigungen sprachlos oder unangemessen abwehrend reagieren. Viel später fällt uns ein, was wir am besten entgegnet hätten – und ärgern uns. Sieben Techniken können helfen, im richtigen Moment passend zu antworten.
1. Rhetorisches Judo
bei Argumenten, die uns unsinnig erscheinen und wir völlig anderer Meinung sind
Am liebsten würden wir sofort, ohne Umschweife mit Nein oder Aber reagieren. Damit erzeugen wir leider meist nur Gegendruck. Das Gegenüber hört nicht zu und wartet nur bis wir mit unseren Ausführungen fertig sind, um weiter in seinem Sinne zu reden. Reiches Anschauungsmaterial dazu findet man in politischen Talkrunden.
Viel besser ist es wie im Judo mit „sanfter Kunst“ „zurückzuschlagen“, indem wir mit der Energie des anderen arbeiten. Der Clou ist die Aussage des Anderen zunächst zu wiederholen. Wenn ich andere wiederhole, leihen sie uns gerne ihr Ohr. Danach kann ich mit einem verbindenden Und meine Meinung äußern, am besten mit nicht mehr als drei guten Argumenten.
Beispiel: „Sie sind der Meinung, dass man auf keinen Fall so vorgehen soll und ich bin anderer Meinung, weil 1., 2. und 3.
2. Umdeuten
bei Zuschreibungen, die das Gegenüber negativ meint
Man nennt es auch die Touch-Turn-Talk-Methode, wenn man eine negativ gemeinte Zuschreibung, wie „Du bist so kompliziert.“ oder „Sie sind ein Erbsenzähler.“, ins positive umdeutet und damit sogar der anderen Person zustimmen kann.
Beispiel: Bill Gates wurde in den Neunzigern bei einem Interview vorgeworfen, man sage über ihn er sei ein richtiger Streber. Gates entgegnete sinngemäß: „Wenn Sie mit Streber meinen, dass ich wirklich alles über Computer wissen möchte, um sie analysieren und verbessern zu können, ja, dann bin ich ein Streber.“
3. Mit Fragen konkret werden
bei Killerphrasen und Pauschalurteilen
Wer mit neuen Ideen überzeugen will, sieht sich oft pauschaler Kritik ausgesetzt, wie: „Das funktioniert bei uns nicht.“, „Das haben wir immer so gemacht.“ oder: „Das können Sie gar nicht beurteilen.“ Bei näherem Hinsehen lösen sich diese generalisierenden Argumente oft auf. Es gilt die Anderen zum realistischen Denken zu bewegen und das geht am besten mit konkreten Fragen zum Thema.
Beispiele: „Wie meinen Sie das?“, „Können Sie mir das näher erläutern?“, „Gehen Sie aus von…?“, „An was denken Sie genau?“ oder: „Worauf beziehen Sie sich konkret?“.
4. Übertreiben
bei eindeutig negativen Zuschreibungen
Wenn wir negative Urteile über uns hören, bis hin zu Beleidigungen, können wir den anderen den Wind aus den Segeln nehmen, wenn wir bis ins Absurde übertreiben.
Beispiel: „In deinem Alter kann man die Jugend nicht mehr verstehen. Durftest Du überhaupt schon mit 18 wählen?“ – „Wo denkst Du hin, wir hatten noch gar kein Frauenwahlrecht.“
5. An der Lebenswelt des anderen anknüpfen,
wenn wir bei Jemandem hinter der Ablehnung oder Anschuldigung ein persönliches Problem vermuten
Insbesondere Berater und Lehr- oder Führungskräfte werden immer wieder damit konfrontiert, dass sie verbal abgelehnt oder beschuldigt werden, weil das gegenüber befürchtet ungerecht behandelt zu werden. Wer dann massiv persönlich auf die Anschuldigungen reagiert, gerät unversehens in ein Machtspiel. Besser ist es, den Beweggründen des anderen auf Augenhöhe auf den Grund zu gehen und „gewaltfrei“ zu kommunizieren.
Beispiel: Schüler zum neuen Lehrer: “Sie sind viel zu streng, viel mehr als die anderen Lehrer!“ – Lehrer: „Machst Du Dir Sorgen, dass Du eine schlechtere Note als letztes Jahr bekommen könntest?“
6. Retourkutsche
bei extremen Beleidigungen oder indiskreten Fragen
Wenn Sie als blöd bezeichnet werden und dann einfach die andere Person als blöd titulieren, ist das nicht schlagfertig. In diesem Fall ist es angeraten, seinen Humor einzusetzen.
Beispiele: Zum früheren Außenminister Hans Dietrich Genscher trat einmal in den Neunzigern vor einer wichtigen Rede vor rund fünfhundert Personen ein Mann zum Rednerpult und rief: „Arschloch!“. Genscher entgegnete: „Das ist aber, nett, dass Sie sich gleich vorstellen, nehmen Sie doch Platz!“.
Eine Kollegin wurde bei einem Vortrag von einem Studenten gefragt: „Wieviel Geld bekommen Sie denn für den Vortrag.“ Sie fragte zurück: „Kannst Du schweigen?“ Er nickte eifrig und sie meinte geheimnisvoll: „Ich auch.“. Die folgenden Lacher waren auf ihrer Seite und die Verlegenheit, die er bei ihr auslösen wollte, bei ihm gelandet.
7. Zustimmen
bei verfänglichen Fragen
Besonders in kontroversen Diskussionen oder Interviews und Pressekonferenzen wird man häufig mit in Fragen gekleideten Vorwürfen konfrontiert. Man fühlt sich massiv eingeladen in die Verteidigungsrolle zu gehen und macht sich damit erst recht angreifbar. Besser ist es, die Wogen zu glätten, indem man einfach zustimmt, wenn das Gesagte auch tatsächlich zutrifft.
Beispiel: Während einer Pressekonferenz in den USA fragte eine Journalistin den sportlichen Papst Paul den Sechsten, was er dazu sage, dass er sich in seinem Sommersitz ein riesiges Schwimmbad hatte bauen lassen. Es wurde ganz still im Raum und das Kirchenoberhaupt meinte nur mit einem Lächeln: „Ja, ich schwimme sehr gern.“ Die Journalistin gab sprachlos das Mikrofon weiter.
Das Wichtigste für Schlagfertigkeit: Die innere Haltung
Die Beispiele zeigen, wie die sieben Techniken funktionieren, das heißt aber immer noch nicht, dass wir sie im passenden Moment auch parat haben. Eine bestimmte innere Haltung, sich selbst und den anderen gegenüber ist die Grundlage dafür, dass wir ohne lange überlegen zu müssen das richtige Tun und dass unsere gesamte Erscheinung das Gesagte unterstützt.
Wir brauchen Selbstvertrauen in unser Können. Dadurch erhalten wir automatisch eine Ausstrahlung von Stärke, die uns überzeugend wirken lässt.
Außerdem hilft die Fähigkeit ganz im Hier und Jetzt zu sein, frei von Angst negativ aufzufallen, um sofort reagieren zu können. Damit wirken wir wach und erhalten die Aura von Präsenz. Ebenso nützlich ist eine grundsätzlich freundliche Haltung anderen gegenüber. Damit erreichen wir die Ausstrahlung entwaffnender Wärme, die sich zum Beispiel in wiederholtem echt gemeintem Lächeln zeigt.
Neben Stärke, Präsenz und Wärme ist der Mut seine einzigartige persönliche Lebendigkeit zu zeigen und damit alle Energie und geistigen Ressourcen zur Verfügung zu haben, wenn es darauf ankommt. In meinen Rhetoriktrainings und Coachings arbeiten wir an dieser inneren Haltung, nicht weniger als an den Techniken. Ziel ist es neugierig, spontan und spielerisch zu werden.
Wenn uns das in schwierigen Lagen gelingt, wirken wir wie von selbst charismatisch und schlagfertig.