In meinen Rhetorik-Seminaren höre ich oft am Anfang „Ich bin kein guter Redner!“, oder „Ich hasse es, mich in Teamsitzungen durchsetzen zu müssen.“. Viele geben zu, dass sie Situationen meiden, in denen sie im Mittelpunkt stehen und etwas darstellen müssen. Sie verbauen sich damit viel, denn Studien zum Thema Aufstiegschancen zeigen, dass Erfolge nur zu 10 Prozent von der Leistung abhängen und zu 30 Prozent vom Image und dem persönlichen Stil, aber zu 60 Prozent vom Gesehenwerden und Auffallen. 
Wir brauchen Präsenz und Überzeugungskraft. Andere motivieren und begeistern zu können, ist eine erlernbare Sozialkompetenz.
Glücklicherweise ist es viel einfacher als man denkt, sein rhetorisches Geschick zu verbessern. Jeder kann zum Beispiel lernen, die vier häufigsten Rhetorik-Fehler zu vermeiden.

1. Man sieht nur seine Schwächen

„Oh je, wie stehe ich denn da, das geht gar nicht.“! Ähnliches sagen viele, wenn sie sich zum ersten Mal bei einer Präsentation auf Video sehen. Dabei überhören sie ihre angenehme Stimme oder übersehen ihren freundlichen Blick ganz. Bereits in der Schule geht es um die Fokussierung auf Fehler und Schwächen, die es auszuschalten gilt. Die mangelnde Beachtung von Stärken schmälert unser Selbstvertrauen. Aber Selbstvertrauen ist einer der Grundbausteine guter Ausstrahlung.

Was tun? Eigene Stärken erkennen und darauf aufbauen.

Es ist unglaublich, wie wenig man zuweilen über seine eigenen Stärken weiß und wie schnell man im Spiegel der anderen lernen kann und mit ihrem Feed­back seine Stärken und deren Möglichkeiten gezielt für sich einzusetzen. Lassen Sie sich von anderen beurteilen und Sie werden staunen, was man aus anderer Perspektive Positives über sich erkennen kann!

2. Zuviel Lampenfieber führt zu Blackout

„Das geht sicher wieder schief!“, denken viele und erzeugen sich selbst unangenehmsten Stress. Selbst große Schauspieler kennen Lampenfieber. Ein gewisses Maß an Aufregung ist gut, um ganz bei der Sache zu sein, aber ein Zuviel lässt die Leistung dramatisch abfallen, bis zu dem Punkt, an dem einem gar nichts mehr einfällt.

Was tun? Gute Stimmung verankern

Durch kleine Meditationen kann man lernen, seine innere Energie genau dann zu mobilisieren, wenn man besonders gut sein will. Die Verankerungstechnik ist beispielsweise ein schnell erlernbarer Stimmungs-Booster, der uns in eine Art „state of excellence“ bringen kann, also in einen Zustand, in dem wir mit unserem kreativen Potential in Verbindung sind, wenn es darauf ankommt. Stellen sie sich eine Situation aus Ihrer Vergangenheit vor, in der alles richtig gut lief, und gehen Sie in Gedanken diese angenehme Situation noch einmal mit allen Sinnen durch. Was haben Sie gesehen und gehört? Wie haben Sie sich gefühlt? War vielleicht Kaffeeduft im Raum oder haben Sie etwas gegessen? Und dann verankern Sie die gute Stimmung, die unweigerlich in Ihnen aufsteigt, indem sie mit einer Hand auf einen Punkt auf der anderen drücken. Wenn Sie die schöne Übung immer mal wiederholen, dann reicht bald nur noch der Druck auf die Hand und Sie fühlen sich entscheidend besser!

3. Man sieht die anderen als „Feinde“

Zuhörer mit skeptischem Blick, Leute, die auf den ersten Blick arrogant auf uns wirken, oder Gesprächspartner, die sofort mit Vorwürfen kommen, können leider wunderbar dazu einladen, sich selbst ganz klein zu fühlen. Am liebsten würde man fliehen oder man geht zum Angriff über, was allerdings in den wenigsten Fällen angemessen ist.

Was tun? Die Anderen mögen

Hier geht es darum, einerseits zu ergründen, was genau dazu führt, dass wir bei bestimmten „Typen“ wie auf Knopfdruck unpassend reagieren. Erkenntnisse aus der Psychologie geben Aufschluss und machen unser eigenes Verhalten verständlicher und damit positiv beeinflussbar. Aber auch ohne diese Erkenntnisse kann man sich kleine wirkungsvolle Denktricks angewöhnen. Wenn Sie Angst haben, reden Sie sich in Gedanken gut zu: „Ihr braucht keine Angst zu haben“ oder denken Sie sich eine kleine Geschichte zum schlecht gelaufenen Tag eines unfreundlich blickenden Zuhörers aus – und schon fühlen Sie sich wesentlich sicherer!

4. Man versucht, perfekt zu sein

Wir kennen alle tolle Redner und Personen, die vor Eloquenz nur so sprühen. Jede Pointe sitzt, alles wirkt elegant und trotzdem natürlich. Bestimmt kann man von ihnen das eine oder andere lernen. Wenn wir aber versuchen, andere sklavisch zu imitieren, werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit scheitern, denn wir sind einzigartige Persönlichkeiten mit individueller Wirkung auf andere. Und was zu anderen passt, kann bei uns hölzern oder übertrieben wirken.

Was tun? „Eigensinn“ entwickeln

Man kann sein persönliches Wirkungsprofil ergründen, wenn man darauf achtet, in welchen Kommunikationssituationen man sich wohlfühlt. In solchen Situationen ist man aufmerksam im Hier und Jetzt, interessiert bis neugierig und positiv gegenüber sich selbst und anderen. Man akzeptiert sich mit all seinen Eigenschaften, auch Seiten, die man auf den ersten Blick an sich problematisch findet. Es gilt zum Beispiel eine besonders ruhige Art oder gestenreiches Verhalten schätzen zu lernen, um es gezielt einsetzen zu können. Und damit Freude an der Rhetorik zu entwickeln!