„Ich bin auch schlagfertig, aber erst nach 10 Minuten.“ Werner Finck (Schauspieler, Kabarettist und Schriftsteller)

Wir kennen alle die Situationen, in denen wir auf ungerechtfertigte Einwände bis hin zu Beleidigungen sprachlos oder unangemessen abwehrend reagieren. Viel später fällt uns ein, was wir am besten entgegnet hätten – und ärgern uns. Sieben Techniken können helfen, im richtigen Moment passend zu antworten.

1. Rhetorisches Judo

bei Argumenten, die uns unsinnig erscheinen und wir völlig anderer Meinung sind

Am liebsten würden wir sofort, ohne Umschweife mit Nein oder Aber reagieren. Damit erzeugen wir leider meist nur Gegendruck. Das Gegenüber hört nicht zu und wartet nur bis wir mit unseren Ausführungen fertig sind, um weiter in seinem Sinne zu reden. Reiches Anschauungsmaterial dazu findet man in politischen Talkrunden.
Viel besser ist es wie im Judo mit „sanfter Kunst“ „zurückzuschlagen“, indem wir mit der Energie des anderen arbeiten. Der Clou ist die Aussage des Anderen zunächst zu wiederholen. Wenn ich andere wiederhole, leihen sie uns gerne ihr Ohr. Danach kann ich mit einem verbindenden Und meine Meinung äußern, am besten mit nicht mehr als drei guten Argumenten.
Beispiel: „Sie sind der Meinung, dass man auf keinen Fall so vorgehen soll und ich bin anderer Meinung, weil 1., 2. und 3.

2. Umdeuten

bei Zuschreibungen, die das Gegenüber negativ meint

Man nennt es auch die Touch-Turn-Talk-Methode, wenn man eine negativ gemeinte Zuschreibung, wie „Du bist so kompliziert.“ oder „Sie sind ein Erbsenzähler.“, ins positive umdeutet und damit sogar der anderen Person zustimmen kann.

Beispiel: Bill Gates wurde in den Neunzigern bei einem Interview vorgeworfen, man sage über ihn er sei ein richtiger Streber. Gates entgegnete sinngemäß: „Wenn Sie mit Streber meinen, dass ich wirklich alles über Computer wissen möchte, um sie analysieren und verbessern zu können, ja, dann bin ich ein Streber.“

3. Mit Fragen konkret werden

bei Killerphrasen und Pauschalurteilen

Wer mit neuen Ideen überzeugen will, sieht sich oft pauschaler Kritik ausgesetzt, wie: „Das funktioniert bei uns nicht.“, „Das haben wir immer so gemacht.“ oder: „Das können Sie gar nicht beurteilen.“ Bei näherem Hinsehen lösen sich diese generalisierenden Argumente oft auf. Es gilt die Anderen zum realistischen Denken zu bewegen und das geht am besten mit konkreten Fragen zum Thema.

Beispiele: „Wie meinen Sie das?“, „Können Sie mir das näher erläutern?“, „Gehen Sie aus von…?“, „An was denken Sie genau?“ oder: „Worauf beziehen Sie sich konkret?“.

4. Übertreiben

bei eindeutig negativen Zuschreibungen

Wenn wir negative Urteile über uns hören, bis hin zu Beleidigungen, können wir den anderen den Wind aus den Segeln nehmen, wenn wir bis ins Absurde übertreiben.

Beispiel: „In deinem Alter kann man die Jugend nicht mehr verstehen. Durftest Du überhaupt schon mit 18 wählen?“ – „Wo denkst Du hin, wir hatten noch gar kein Frauenwahlrecht.“

5. An der Lebenswelt des anderen anknüpfen,

wenn wir bei Jemandem hinter der Ablehnung oder Anschuldigung ein persönliches Problem vermuten

Insbesondere Berater und Lehr- oder Führungskräfte werden immer wieder damit konfrontiert, dass sie verbal abgelehnt oder beschuldigt werden, weil das gegenüber befürchtet ungerecht behandelt zu werden. Wer dann massiv persönlich auf die Anschuldigungen reagiert, gerät unversehens in ein Machtspiel. Besser ist es, den Beweggründen des anderen auf Augenhöhe auf den Grund zu gehen und „gewaltfrei“ zu kommunizieren.

Beispiel: Schüler zum neuen Lehrer: “Sie sind viel zu streng, viel mehr als die anderen Lehrer!“ – Lehrer: „Machst Du Dir Sorgen, dass Du eine schlechtere Note als letztes Jahr bekommen könntest?“

6. Retourkutsche

bei extremen Beleidigungen oder indiskreten Fragen

Wenn Sie als blöd bezeichnet werden und dann einfach die andere Person als blöd titulieren, ist das nicht schlagfertig. In diesem Fall ist es angeraten, seinen Humor einzusetzen.

Beispiele: Zum früheren Außenminister Hans Dietrich Genscher trat einmal in den Neunzigern vor einer wichtigen Rede vor rund fünfhundert Personen ein Mann zum Rednerpult und rief: „Arschloch!“. Genscher entgegnete: „Das ist aber, nett, dass Sie sich gleich vorstellen, nehmen Sie doch Platz!“.

Eine Kollegin wurde bei einem Vortrag von einem Studenten gefragt: „Wieviel Geld bekommen Sie denn für den Vortrag.“ Sie fragte zurück: „Kannst Du schweigen?“ Er nickte eifrig und sie meinte geheimnisvoll: „Ich auch.“. Die folgenden Lacher waren auf ihrer Seite und die Verlegenheit, die er bei ihr auslösen wollte, bei ihm gelandet.

7. Zustimmen

bei verfänglichen Fragen

Besonders in kontroversen Diskussionen oder Interviews und Pressekonferenzen wird man häufig mit in Fragen gekleideten Vorwürfen konfrontiert. Man fühlt sich massiv eingeladen in die Verteidigungsrolle zu gehen und macht sich damit erst recht angreifbar. Besser ist es, die Wogen zu glätten, indem man einfach zustimmt, wenn das Gesagte auch tatsächlich zutrifft.

Beispiel: Während einer Pressekonferenz in den USA fragte eine Journalistin den sportlichen Papst Paul den Sechsten, was er dazu sage, dass er sich in seinem Sommersitz ein riesiges Schwimmbad hatte bauen lassen. Es wurde ganz still im Raum und das Kirchenoberhaupt meinte nur mit einem Lächeln: „Ja, ich schwimme sehr gern.“ Die Journalistin gab sprachlos das Mikrofon weiter.

Das Wichtigste für Schlagfertigkeit: Die innere Haltung

Die Beispiele zeigen, wie die sieben Techniken funktionieren, das heißt aber immer noch nicht, dass wir sie im passenden Moment auch parat haben. Eine bestimmte innere Haltung, sich selbst und den anderen gegenüber ist die Grundlage dafür, dass wir ohne lange überlegen zu müssen das richtige Tun und dass unsere gesamte Erscheinung das Gesagte unterstützt.
Wir brauchen Selbstvertrauen in unser Können. Dadurch erhalten wir automatisch eine Ausstrahlung von Stärke, die uns überzeugend wirken lässt.
Außerdem hilft die Fähigkeit ganz im Hier und Jetzt zu sein, frei von Angst negativ aufzufallen, um sofort reagieren zu können. Damit wirken wir wach und erhalten die Aura von Präsenz. Ebenso nützlich ist eine grundsätzlich freundliche Haltung anderen gegenüber. Damit erreichen wir die Ausstrahlung entwaffnender Wärme, die sich zum Beispiel in wiederholtem echt gemeintem Lächeln zeigt.
Neben Stärke, Präsenz und Wärme ist der Mut seine einzigartige persönliche Lebendigkeit zu zeigen und damit alle Energie und geistigen Ressourcen zur Verfügung zu haben, wenn es darauf ankommt. In meinen Rhetoriktrainings und Coachings arbeiten wir an dieser inneren Haltung, nicht weniger als an den Techniken. Ziel ist es neugierig, spontan und spielerisch zu werden.
Wenn uns das in schwierigen Lagen gelingt, wirken wir wie von selbst charismatisch und schlagfertig.

Wer sein kreatives Potential erfolgreich in den Dienst sinnvoller Innovationen stellen kann, ist nachweislich zufriedener und motivierter bei der Arbeit, auch wenn die Aufgaben anspruchsvoll sind, als Personen, die sich von Routineaufgaben unterfordert fühlen, obwohl ihre Arbeit auf den ersten Blick wesentlich weniger stressig erscheint.

„…Was der Mensch in Wirklichkeit braucht, ist nicht ein Zustand der Spannungslosigkeit, sondern das Streben und Trachten nach einem lohnenden Ziel, einer frei gewählten Aufgabe.“ Victor E. Frankl 

Motiviertheit selbst ist ein wesentlicher Faktor für die Zufriedenheit des Menschen. Für heutige Unter­nehmen, die enga­gierte, kreative Leistungs­träger brau­chen, um konkurrenz­fähig zu bleiben, sind das gute Vor­aussetzungen. 

Andererseits belegt eine neuere Studie des Gallup-Instituts, dass 66% der Beschäftigten in Deutschland Dienst nach Vorschrift machen, 23% haben bereits innerlich gekündigt und nur 11% fühlen sich innerlich mit ihrem Unternehmen verbunden. Man geht davon aus, dass nur jeder 5. einer Arbeit nachgeht, in der er seine Talente und Stärken gezielt einbringt.

Was bringt viele Mitarbeiter in diese Lage?

Sind es gesellschaftliche Bedingungen? Globalisierung und Enttraditionalisierung in unserer Multioptionsgesellschaft schaffen Unsicherheit, weil viele alte Gewissheiten außer Kraft gesetzt sind. Unsicherheit macht vorsichtig, aber Innovationen brauchen oft Mut. 

Sind es Organisation und Zusammenarbeit im jeweiligen Unternehmen? 
Die rasante technologische Entwicklung stellt an jeden hohe Anforderungen. Berufslebenslange Weiterbildung wird fast zur Pflicht. Haben die Mitarbeiter schlichtweg zu wenig Zeit, um über Neues nachzudenken?

Oder sind es die Sichtweisen und Einstellungen der Mitarbeiter selbst? 

Engagement und Zufriedenheit sind offensichtlich die Symptome einer Melange mehrerer Komponenten. Man kommt um eine nähere Analyse nicht herum. 

Um positive oder negative Auswirkungen ver­schie­dener Faktoren zu erkennen, ist zunächst zu klären, ob es grundlegende Bestrebungen gibt, die für jeden Menschen in Bezug auf Motivation und Engagement relevant sind.

Wer ist für Motivation und Zufriedenheit verantwortlich?

Die aktuellen Ergebnisse aus Motivations-, Lebens­lauf-, Burnout-, Life-Balance- und Stress-Forschung lassen sich in sechs Zieldimensionen zusammenfassen:

  1. Das „Streben nach Autonomie“ kann als Grundlage einer Zieldimension gelten. Autonomie, also subjektiv erlebte Handlungsfreiheit, ist für den Zeitmanagementexperten Lothar Seiwert eine der wirkungsvollsten Stressminderer über­haupt. So hat man beispielsweise nachge­wiesen, dass leitende Vorgesetzte weniger Stress­hormone produzieren als ihre Mitarbeiter im mittleren Management. Wer das Gefühl von Handlungsfreiheit, von Macht und Einfluss hat, kann entspannter mit schwierigen Situationen umgehen. Seine souveräne Position lässt ihn gelassener reagieren und darüberhinaus mit Begeisterung und Ausdauer Ideen einbringen.
  2. Menschen streben nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe, nach einer sicheren, angesehenen Position in einer transparenten Struktur, in der es fair zugeht. Eine anerkannte Aufgabe im Kreise einer Gemeinschaft zu besitzen, hat sich allgemein als ein besonders erfüllendes Ziel herausgestellt. Wer sein Engagement und sein innovatives Potential einbringen soll, braucht Arbeitsbedingungen, die sich an seiner Zufriedenheit orientieren und mit persönlichen Zielen kompatibel sind. Es hat sich gezeigt, dass in einer von Vertrauen, Wertschätzung und gegenseitiger Unterstützung geprägten Umgebung die höchste Effizienz erreicht werden kann.
  3. Genauso unumstritten ist das Bestreben, eine gute Leistung zu erbringen. Die Kompetenzerfahrung, das disziplinierte Hinarbeiten zu einer Art Virtuosität, in der man aufgeht und das zu Flow-Erlebnissen führen kann, wie sie Mihaily Cicksentmihaily beschreibt, ist für jeden ein höchst lohnendes Ziel.
  4. Ein weiteres grundlegendes Bestreben ist unmittelbar mit dem Körper verbunden. Körperliche Fitness ist bei der Bekämpfung von Stress und fehlendem Engagement ein wesentlicher Faktor. Hier zeigt sich besonders augenfällig, dass Ziele zu verfolgen zwar an­stren­gend sein kann, aber dennoch Energie bringt. Wenn wir unsere Muskeln anstrengen, setzt zunächst eine Ermüdung ein, aber im Nachhinein beginnt der Körper, auf die Anstrengung zu rea­gieren. Die Muskeln werden versorgt und wachsen.
  5. Studien zum Boreout zeigen, dass es nicht allein mit Integration in eine Gruppe und einer gewissen Handlungsfähigkeit und Belastbarkeit getan ist. Menschen brauchen Inspiration durch Abwechslung, durch das Betreten von Neuland. Kalkulierbare Risiken bereichern das Leben. Unternehmen, die auf anregende Weiterbildung setzen, sind klar im Vorteil.
  6. Zu guter Letzt ist die „echte Freizeit“, der genussvoll erlebte leistungsfreie Raum ohne Ansprüche, die grundlegende Basis zur persönlichen Regener­ation. Freizeit wird oft einfach mit „zu Hause sein“ assoziiert, was im Zeitalter von Handy und mobilen Geräten oft nicht der Wahrheit entspricht. Wenn vom Unternehmen Freiheit in der Zeitgestaltung unterstützt wird mit flexiblen Arbeitszeiten, Home-Office-Tagen bis hin zu Sabbaticals, sind Mit­­ar­beiter nachweislich eher geneigt, ihr volles Poten­tial einzubringen.

Selbst wenn alle äußeren Bedingungen optimal erscheinen, ergibt sich eine weitere Frage: Warum kann man oft selbst bei offensichtlich günstigen Be­din­gungen nicht immer engagiert und zufrieden arbeiten? 

Jeder Mensch hat ein persönliches Motivations­be­wusstsein mit eigenen individuellen Wünschen, welche die konkreten Ziele in den Zieldimensionen be­stimmen. Es gibt Sachverhalte, für deren Existenz man sich irrtümlich verantwortlich hält, die man aller­dings nicht beeinflussen kann, und andere, denen ge­gen­über man eine Opferhaltung einnimmt, ohne dass es notwendig wäre. Es gibt eine Reihe von Glau­bens­sätzen und ganzen Glaubenssystemen, mit denen man sich unbewusst selbst sabotieren kann. 

Aus diesem Grund ist es sinnvoll, zunächst eine Bestandsaufnahme seiner persönlichen Situation und Sichtweise auf die Dinge zu machen und im Folgenden zu sehen, wo man etwas für sich ver­bessern kann und wie das persönliche Rezept für mehr Energie und Freude an der Arbeit aussieht. In diesem Zusammenhang sind wir selbst die Experten für unsere Situation und können über die Analyse unserer Zieldimensionen herausfinden, was uns fehlt und was zu tun ist. 

In der Reflexion wie zum Beispiel im Coaching-Prozess kann man mittels einer Analyse des per­sön­lichen „Lebensspielfelds“ sehr effektiv an der 
Be­­wusst­­werdung einengender Gedankensysteme ar­bei­ten. Man kann damit eine sehr befreiende mo­ti­vier­ende Sicht auf die Realität erlangen und er­kennt die grundlegende Eigenverantwortung für seine persönliche Motivation, die einem kein Inno­vations­manager und keine Führungskraft abnehmen kann. 

In meinen Rhetorik-Seminaren höre ich oft am Anfang „Ich bin kein guter Redner!“, oder „Ich hasse es, mich in Teamsitzungen durchsetzen zu müssen.“. Viele geben zu, dass sie Situationen meiden, in denen sie im Mittelpunkt stehen und etwas darstellen müssen. Sie verbauen sich damit viel, denn Studien zum Thema Aufstiegschancen zeigen, dass Erfolge nur zu 10 Prozent von der Leistung abhängen und zu 30 Prozent vom Image und dem persönlichen Stil, aber zu 60 Prozent vom Gesehenwerden und Auffallen. 
Wir brauchen Präsenz und Überzeugungskraft. Andere motivieren und begeistern zu können, ist eine erlernbare Sozialkompetenz.
Glücklicherweise ist es viel einfacher als man denkt, sein rhetorisches Geschick zu verbessern. Jeder kann zum Beispiel lernen, die vier häufigsten Rhetorik-Fehler zu vermeiden.

1. Man sieht nur seine Schwächen

„Oh je, wie stehe ich denn da, das geht gar nicht.“! Ähnliches sagen viele, wenn sie sich zum ersten Mal bei einer Präsentation auf Video sehen. Dabei überhören sie ihre angenehme Stimme oder übersehen ihren freundlichen Blick ganz. Bereits in der Schule geht es um die Fokussierung auf Fehler und Schwächen, die es auszuschalten gilt. Die mangelnde Beachtung von Stärken schmälert unser Selbstvertrauen. Aber Selbstvertrauen ist einer der Grundbausteine guter Ausstrahlung.

Was tun? Eigene Stärken erkennen und darauf aufbauen.

Es ist unglaublich, wie wenig man zuweilen über seine eigenen Stärken weiß und wie schnell man im Spiegel der anderen lernen kann und mit ihrem Feed­back seine Stärken und deren Möglichkeiten gezielt für sich einzusetzen. Lassen Sie sich von anderen beurteilen und Sie werden staunen, was man aus anderer Perspektive Positives über sich erkennen kann!

2. Zuviel Lampenfieber führt zu Blackout

„Das geht sicher wieder schief!“, denken viele und erzeugen sich selbst unangenehmsten Stress. Selbst große Schauspieler kennen Lampenfieber. Ein gewisses Maß an Aufregung ist gut, um ganz bei der Sache zu sein, aber ein Zuviel lässt die Leistung dramatisch abfallen, bis zu dem Punkt, an dem einem gar nichts mehr einfällt.

Was tun? Gute Stimmung verankern

Durch kleine Meditationen kann man lernen, seine innere Energie genau dann zu mobilisieren, wenn man besonders gut sein will. Die Verankerungstechnik ist beispielsweise ein schnell erlernbarer Stimmungs-Booster, der uns in eine Art „state of excellence“ bringen kann, also in einen Zustand, in dem wir mit unserem kreativen Potential in Verbindung sind, wenn es darauf ankommt. Stellen sie sich eine Situation aus Ihrer Vergangenheit vor, in der alles richtig gut lief, und gehen Sie in Gedanken diese angenehme Situation noch einmal mit allen Sinnen durch. Was haben Sie gesehen und gehört? Wie haben Sie sich gefühlt? War vielleicht Kaffeeduft im Raum oder haben Sie etwas gegessen? Und dann verankern Sie die gute Stimmung, die unweigerlich in Ihnen aufsteigt, indem sie mit einer Hand auf einen Punkt auf der anderen drücken. Wenn Sie die schöne Übung immer mal wiederholen, dann reicht bald nur noch der Druck auf die Hand und Sie fühlen sich entscheidend besser!

3. Man sieht die anderen als „Feinde“

Zuhörer mit skeptischem Blick, Leute, die auf den ersten Blick arrogant auf uns wirken, oder Gesprächspartner, die sofort mit Vorwürfen kommen, können leider wunderbar dazu einladen, sich selbst ganz klein zu fühlen. Am liebsten würde man fliehen oder man geht zum Angriff über, was allerdings in den wenigsten Fällen angemessen ist.

Was tun? Die Anderen mögen

Hier geht es darum, einerseits zu ergründen, was genau dazu führt, dass wir bei bestimmten „Typen“ wie auf Knopfdruck unpassend reagieren. Erkenntnisse aus der Psychologie geben Aufschluss und machen unser eigenes Verhalten verständlicher und damit positiv beeinflussbar. Aber auch ohne diese Erkenntnisse kann man sich kleine wirkungsvolle Denktricks angewöhnen. Wenn Sie Angst haben, reden Sie sich in Gedanken gut zu: „Ihr braucht keine Angst zu haben“ oder denken Sie sich eine kleine Geschichte zum schlecht gelaufenen Tag eines unfreundlich blickenden Zuhörers aus – und schon fühlen Sie sich wesentlich sicherer!

4. Man versucht, perfekt zu sein

Wir kennen alle tolle Redner und Personen, die vor Eloquenz nur so sprühen. Jede Pointe sitzt, alles wirkt elegant und trotzdem natürlich. Bestimmt kann man von ihnen das eine oder andere lernen. Wenn wir aber versuchen, andere sklavisch zu imitieren, werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit scheitern, denn wir sind einzigartige Persönlichkeiten mit individueller Wirkung auf andere. Und was zu anderen passt, kann bei uns hölzern oder übertrieben wirken.

Was tun? „Eigensinn“ entwickeln

Man kann sein persönliches Wirkungsprofil ergründen, wenn man darauf achtet, in welchen Kommunikationssituationen man sich wohlfühlt. In solchen Situationen ist man aufmerksam im Hier und Jetzt, interessiert bis neugierig und positiv gegenüber sich selbst und anderen. Man akzeptiert sich mit all seinen Eigenschaften, auch Seiten, die man auf den ersten Blick an sich problematisch findet. Es gilt zum Beispiel eine besonders ruhige Art oder gestenreiches Verhalten schätzen zu lernen, um es gezielt einsetzen zu können. Und damit Freude an der Rhetorik zu entwickeln! 

Die Schlüsselrolle der Führungskraft im Ideen- und Innovationsprozess.

Forschungsergebnisse der Managementpsychologie wie auch meine Erfahrungen in Beratungen, Trainings und der Arbeit mit Studierenden zeigen, dass Führungskräften eine wesentliche Rolle zukommt, wenn es darum geht, in einem Unternehmen Innovationen zu generieren

Ich bin den Fragen nachgegangen: 
Welche speziellen Aufgaben beinhaltet die Rolle Leitender im Innovationsprozess und
Gibt es eine besonders erfolgreiche Führungspersönlichkeit?

1. Das motivierende gemeinsame Ziel vermitteln, etwas wirklich Neues zu kreieren

Die Harvard Professorin Linda Hill hat weltweit nach besonders innovativen Unternehmen Ausschau gehalten. Sie wollte wissen, was diese Unternehmen anders machen als die weniger innovativen. Was sie bei ihrer Recherche fand, war allem voran ein „common compelling purpose“, ein gemeinsames, überzeugendes und von allen angestrebtes Ziel als eine Grund­voraussetzung für das Entstehen eines innovationsfördernden Arbeitsklimas 

Bei Innovationen geht es um das Entdecken des faszinierend Neuen. Die Führungskraft hat die Aufgabe dieses Ziel so zu vermitteln, dass die Mitarbeiter sich damit identifizieren können.

Das führt zu der Frage: Was bewegt Mitarbeiter zur Identifikation? Der Führungskräfte- und Sportcoach Timothy Gallwey kam in seiner Arbeit mit Leistungssportlern, Managern und Service-Mitarbeitern zu dem Ergebnis: Ziele werden nur wirklich engagiert verfolgt, wenn sie den individuellen intrinsischen Bedürfnissen der Person entsprechen. 

Er identifizierte eine positive intrinsische Motivation als effektivste Form menschlicher Motivation. Sie funktioniert nur, wenn sie nicht auf Angst und äußeren Druck oder hohe Boni aufgebaut ist, sondern von den ureigensten Bedürfnissen der Person gespeist wird, die also geprägt sind vom autonomen Willen der einzelnen Persönlichkeit. Kreativität als eine Form besonders engagierter Leistungsbereitschaft lässt sich demnach nicht befehlen oder einfach über monetäre Anreize aktivieren. Die Führungskraft kann nur zum Mitmachen einladen und vor allem eine Plattform bieten, in der sich Kreativität entfalten kann. 

2. Vertrauen und Wertschätzung für die Leistung aufbauen und erhalten

„Jede Person in Ihrer Gruppe, sei es ein kleines Team oder ein großer Konzern, besitzt einen Teil Schöpferkraft. Ihre Aufgabe ist es, einen Ort zu kreieren, wo all diese Teile miteinander kombiniert und in kollektive Kreativität um­gewandelt werden können.“ Linda Hill, Collective Genius

Margit Osterloh und Antoinette Weibel von der Universität Zürich haben erfolgreiche Unternehmen unterschiedlichster Art und aus verschiedenen Jahrhunderten unter die Lupe genommen. Sie kamen zu dem Schluss, dass nachhaltig erfolgreiche Organisationen auf Vertrauen in die Mitarbeiter setzen. Es geht dabei um Vertrauensvorschuss, was allgemein von jedem als Wertschätzung der eigenen Person empfunden wird. 

Linda Hills Analyse der Führungsarbeit von Vineet Nayar, dem CEO von HCL Technologies, einem indischen, weltweit agierenden und mittlerweile besonders erfolgreichen Provider für IT-Service, bestätigt deren Forschungsergebnis in Bezug auf Innovationsmanagement. Nayar schaffte als eine seiner ersten Amtshandlungen als CEO ein groß angelegtes Bonus-System für die Kundenberater ab. Er ging soweit, jedem Berater regulär den höchstmöglichen Bonus als Normalgehalt auszuzahlen. Er ging damit ein Risiko ein, das sich als Motivationsschub entpuppte.

Im Gegensatz dazu beschreiben Osterloh und Weibel den häufigen Fall einer Art Teufelskreis der Kontrolle, den man in vielen Unternehmen beobachten kann, wenn Vertrauen enttäuscht wurde oder wenn die Organisationsatmosphäre überhaupt von Vorsicht und Misstrauen geprägt ist. Je mehr argwöhnisch kontrolliert wird in einem Unternehmen, umso geringer ist die Arbeitszufriedenheit und damit die Arbeitsbereitschaft, was zum Sinken der Effizienz führt. Viele leitende Führungskräfte reagieren dann mit noch mehr Kontrolle und setzen damit den Teufelskreis von immer weiter sinkendem Engagement in Gang. Umgekehrt betrachtet ergibt sich daraus ein „Engelskreis“ des Vertrauens, der vom Abbau von Kontrollmechanismen ausgeht. Es entsteht eine Atmosphäre der „Benevolenz“, des Wohlwollens untereinander, in dem man es wagen kann, Vertrauensvorschuss zu geben. Um eine innovationsfördernde Atmosphäre in einer Organisation aufrechtzuhalten, heißen die Führungskräfte jeden kreativen Beitrag willkommen, auch wenn er im Arbeitsprozess wieder verworfen wird. Damit nehmen sie die lähmende Angst vor Fehlern und Schuldzuweisungen. Die Einbeziehung eines Ideenmanagements, das alle Ideen angemessen würdigt, kann hierbei als wertvolle Unterstützung der Führung dienen.  

3. Ein gemeinsames Wertesystem und klare Regeln entwickeln

Es ergibt sich die Frage: Ist nun jede Form der Kontrolle in einem Unternehmen überflüssig oder gar schädlich? 

Nach Osterloh und Weibel sind bestimmte positive Formen der Kontrolle notwendig, mit denen Vertrauen nicht untergraben wird. 

Sie unterscheiden: selektive Kontrolle, die sich durch ein sehr gründ­liches und für alle Beteiligten transparentes Auswahlverfahren bei der Besetzung von Positionen auszeichnet, sowie         
begleitende Kontrolle, ein Mentoren- oder Patensystem, das die individuelle Förderung und Integration des Einzelnen im Unternehmen zum Ziel hat und soziale Kontrolle, die in Unternehmen quasi automatisch von allen getragen wird, die sich mit den Werten und Prinzipien des Unternehmens identifiziert haben.

Sie unterstreichen darüber hinaus die Bedeutung weniger, aber transparenter und als fair empfundener und eingehaltener Regeln als Basis für ein motivierendes Wir-Gefühl. Sie haben in diesem Wir-Gefühl die Berücksichtigung des Bestrebens nach Zugehörigkeit erkannt. Sie sehen Zugehörigkeit als eines von drei grundlegenden Bedürfnissen an, das im Rahmen von Leistungsmotivation eine entscheidende Rolle spielt. Auch Linda Hill und ihre Kollegen identifizierten transparente und einfach gehaltene Basis-Regeln, an die sich jeder halten kann, als notwendige Säulen im vielfältigen, teilweise chaotisch anmutenden Prozess des explorativen Suchens nach der besten und kreativsten Lösung für Arbeitsprobleme. Und sie geben ein schönes Beispiel für konsequent gelebtes Wir-Gefühl: den ellenlangen Nachspann bei Pixars Toy Story. Man nannte selbst die während der Entwicklungszeit geborenen Kinder der Mitarbeiter.

Auf die vereinbarten Regeln immer wieder hinweisen 
Hier kommt die Rolle der Führungskraft als Prozessverantwortliche in den Mittelpunkt, die moderierend immer wieder auf vereinbarte Strukturen und Fairness des Miteinanders aufmerksam machen muss und Konflikte in einem frühen Stadium zu erkennen und anzugehen hat, um Schuldzuweisungen zu vermeiden, beziehungsweise aufzulösen und die Aufmerksamkeit auf die vereinbarten Ziele zu richten. In diesem Zusammenhang bedeutet das, einige „Paradoxien“ auszuhalten, wie zum Beispiel als Experte für den Überblick nicht die Augenhöhe zu den Mitarbeitern zu verlieren.

4. Diversity als Bereicherung nutzen

Nach Linda Hill et al. setzen erfolgreich innovative Unternehmen auf die kreative Kraft der unterschiedlichen Expertisen und Sichtweisen ihrer Mitarbeiter. Aus dem kreativen Zusammenspiel ungleicher Ansätze und Perspektiven entsteht oft die integrative Problemlösung, das wirklich Neue. Um das zu erreichen, wird eine ausgeprägte Streitkultur gefördert, wobei Leistung und Vorgehen offen kritisiert werden können, aber nie die Person mit ihrer einzigartigen Sicht auf die Dinge. Nur so ist ein Setting gegeben, in dem sich jeder trauen kann, offen seine Meinung zu äußern und seine Ideen preiszugeben und wo sich Kreativität entfalten und Früchte tragen kann. Damit erleben sich die Mitarbeiter sowohl in ihrer Einzelleistung gewürdigt als auch in der Rolle als Mitgestalter eines größeren Zusammenhanges. Auch die Führungskraft ist nicht die oberste Wissensautorität, sondern ein Teil des zu integrierenden Ganzen. Dazu passt die Aussage des Hirnforschers und Nobelpreisträgers Eric Kandel, der im Gespräch mit dem Wissenschaftsjournalist Bas Kast, gefragt nach den Regeln für die Zusammensetzung seines Teams, meinte, das Wertvollste seien für ihn Mitarbeiter, die etwas können, was er nicht kann. Dazu passend vertritt Anja Ostendorp von der Universiät St. Gallen das zukunftsweisende Life-Balance-Konzept der „Alterisierung“, wobei bewusst auf den bereichernden Aspekt der Unterschiedlichkeit der Mitarbeiter gesetzt wird, um im „poliphonischen Dialog“ gemeinsam an kreativen Problemlösungen arbeiten zu können. Dieser Dialog benötigt, wenn er gelingen soll, von allen hohen kommunikativen Einsatz, allen voran von der Führungskraft. 

5. Zum Experimentieren, Hinterfragen und Reflektieren anregen und gleichzeitig Wege zur gemeinsamen kreativen Problemlösung bereiten

Die Führungskraft muss Raum und Zeit für exploratives Arbeiten zur Verfügung stellen und dann wieder zu einer innovativen Kraft zusammenführen. Oft gilt es, die Balance zwischen bester integrativer Problemlösung und zeitlicher Dringlichkeit zu finden. Linda Hill sieht darin ein unvermeidliches und doch zu vereinbarendes Paradox: „The unavoidable paradox at the heart of innovation is the need to unleash the talents of individuals and, in the end, to harness those talents in the form of a collective innovation that is useful for the organisation.“

Das unvermeidbare Paradox am Kern der Innovation ist die Notwendigkeit, Talenten von Einzelnen Entfaltungsspielraum zu geben und dann aber am Ende diese Talente so in kollektiv innovative Bahnen zu lenken, dass sie nützlich für das Unternehmen sind.

Wie kann das erreicht werden: weitgehend informieren und die Kommunikation intensivieren 

Das Unterstützen der Zusammenarbeit auf vertikaler und horizontaler Ebene ist eine bedeutende Aufgabe der Führungskraft in innovativen Unternehmen. Es geht darum, Gelegenheiten zu direkter Kommunikation zu schaffen, angefangen bei der Einführung von Experten-Treffen im Teamkreis zum intensiven Ideen­austausch bis zum Treffen aller Verantwortlichen für einen bestimmten Bereich aus aller Welt. Wichtig ist dabei, dass der Austausch bei Arbeitstreffen unter klaren Zielen steht und nicht, wie oft beklagt, im reinen Treffen, weil es zum „modernen Management“ gehört. Erfolgreiche Führungskräfte unterschätzen allerdings auch nicht die große Wichtigkeit des informellen Gesprächs. Bernd Kast erzählt von dem besonders erfolgreichen Psychologen Gerd Gigerenzer, der mit seinem Team das Entscheidungsverhalten von Menschen in komplexen Situationen erforscht. In dessen Labor findet jeden Nachmittag ein informelles Treffen mit Kaffee und Kuchen statt. Gigerenzer berichtet, dass gerade oft in der entspannten absichtslosen Atmosphäre ohne Druck wichtige Dinge geklärt werden konnten. Als die Abteilung soweit gewachsen war, dass man weiteren Raum für die Mitarbeiter brauchte, bestand er darauf, dass alle auf einer Ebene bleiben können und nicht in verschiedene Stockwerke ziehen mussten, nur damit die Kommunikation nicht erschwert wurde.

Weitgehenden Handlungsspielraum für Mitarbeiter bereitstellen

Osterlohs und Weibels Analyse ergab, dass Autonomiebestreben ein weiteres Grundbedürfnis, neben dem Zugehörigkeitsbedürfnis, für Leistungsmotivation ist. Je mehr Gestaltungsfreiheit und Durchsetzungsvermögen man im Arbeitsprozess hat, umso engagierter setzt man sich ein. Im Innovationsprozess heißt das für Leitende, andere zu Ideengebern zu machen und zwar die Experten auf ihren jeweiligen Gebieten.  

Für die Führungskraft gilt es, die Mitarbeiter ausfindig zu machen, die quasi an der Quelle des Problems sitzen und Probleme aus nächster Nähe beobachten können. Am Beispiel von Vineet Nayar, dem bereits erwähnten CEO von HCL Technologies, zeigt Linda Hill die Notwendigkeit der fachlichen Unterordnung der Führungskraft unter die Experten. Nayar war mit einer bedrohlichen Unzufriedenheit seiner Kunden konfrontiert. Das Unternehmen musste seinen ursprünglichen Fokus von internen Vorgängen auf die Schnittstelle zwischen Kunden und Service verlagern. Er stellte die vorhandene hierarchische Pyramide, bei der die Basis aus den Mitarbeitern mit Kundenkontakt bestand, auf den Kopf. Die vorwiegend jungen Kundenberater wurden zur bedeutendsten „Value Zone“ erklärt. Ihre Informationen und Ideen wurden in den Mittelpunkt des weiteren Vorgehens gestellt und der spätere Erfolg gab ihm Recht. 

6. Kompetenzerfahrung ermöglichen und erweitern

Carol Dweck, Professorin für Psychologie an der Stanford Universität, untersuchte kontinuierlich über längere Zeit hinweg erfolgreiche Personen und Organisationen unterschiedlicher Bereiche. Sie verfolgte die Werdegänge großer Sportler wie global agierender Unternehmen und fand eine entscheidende Gemeinsamkeit bei allen High-Performern. Sie nannte diese Eigenschaft das „Groth Mindset“. 

Sie kommt zu dem Schluss: Nachhaltiger Erfolg hängt mit der Vorstellung zusammen, dass herausragende Leistungen, egal auf welchem Gebiet, viel weniger als vermutet vom Talent der Personen abhängen, die in die Leistung involviert sind, sondern vielmehr von unermüdlichem „learning by doing“ und dem Glauben an die eigene Entwicklungsfähigkeit, der energiefreisetzenden Vorstellung, dass sich jeder Mensch über Lernprozesse in hohem Maße verändern kann.

Sie fand heraus, dass Personen, die sich vornehmlich auf ihr Talent, ihre angeborene Genialität berufen, in große kognitive Dissonanzen geraten können, wenn ihnen Fehler unterlaufen oder sie merken, dass sie Defizite haben. Sie geben oft anderen und/oder den Umständen die Schuld für eigene Fehlleistungen. Sie vertuschen ihre Probleme, um weder vor sich noch vor den anderen aus dem „Talenthimmel“ herauszufallen. Sie besitzen nach Dweck ein sogenanntes „fixed mindset“. Im Gegensatz dazu haben die Langzeiterfolgreichen ein flexibles Mindset, das ihnen erlaubt, Fehler als wertvolle Informationen und Hinweise zur persönlichen Weiterentwicklung zu sehen. Sie beschreibt den Niedergang kompletter Organisationen, die auf den Einsatz großer Talente gesetzt hatten. Ihre Lernunwilligkeit und ihre Angst davor, Fehler eingestehen zu müssen, verhinderte echten Austausch und erstickte damit jede kollaborative Innovationsfähigkeit bereits im Keim.

Darüberhinaus beschreiben Osterloh und Weibel Kompetenzerfahrung als ein drittes Grundbedürfnis in Bezug auf Leistungsbereitschaft im Rahmen von erfolgreichen Organisationen. Menschen, die bei ihrer Arbeit ihre Kompetenz unter Beweis stellen und weiterentwickeln können, ziehen daraus große Zufriedenheit, während ihre Stressanfälligkeit selbst bei hohen Anforderungen, wie beispielsweise im Innovationsprozess, vergleichsweise niedrig bleibt.

7. STOP! Respekt vor der Entscheidung des einzelnen Individuums zeigen

Zur Frage: „Was erwarten Sie als Mitarbeiter von gut geführter Zusammenarbeit?“, erhalte ich in letzter Zeit oft die Antwort, dass Führungskraft und Kollegen die persönlichen Grenzen achten sollen. Wenn ich nachfrage, geht es immer darum, dass die Chefs ihre Mitarbeiter kaum als Wesen mit unterschiedlichen Rollen begreifen, die auch außerhalb der Arbeit Verpflichtungen enthalten und dass Energie endlich ist und erneuert werden muss. Wie viel Zeit und geistige sowie körperliche Energie der Einzelne in die Arbeit einbringen will, scheint in Unternehmen mit wenig Fluktuation und über lange Zeit hinweg ungebremstem Engagement von großer Bedeutung zu sein. Alle Autoren, deren Forschung ich nach erfolgreichen Determinanten für Innovationen durchsuchte, erachteten den gelungen Innovationsprozess als anspruchsvolle, anstrengende Arbeit, die leidenschaftlichen Einsatz erfordert. Linda Hill erwähnt beispielsweise gehäufte Burnout-Fälle bei der innovativen Filmgesellschaft Pixar in den heißen Phasen der Produktion, in denen es für die Mitarbeiter wochenlang kaum einen freien Tag gab und der Druck von Außen, den Terminen für die Kinos und der Merchandise-Produktion sehr groß wurde. Angesichts steigender Burnout-Raten wird meiner Meinung nach diesem Thema noch zu wenig Beachtung geschenkt.   

Zusammengefasst braucht innovationsorientiertes Führen eine motivationsgerechte Unternehmensstruktur. In deren Mittelpunkt stehen Autonomie, Zugehörigkeit, Kompetenzerfahrung und der Respekt vor Individualität und persönlichem Enfaltungswillen.

Welche innere Einstellung braucht die Führungskraft?

Bereits in den 80er Jahren arbeitete ich an einer Veröffentlichung über besonders erfolgreiche Führungskräfte mit. Wir analysierten hundert Biographien und Autobiographien namhafter Führungspersönlichkeiten aus der ganzen Welt. Wir wollten herausfinden, welche Eigenschaften die gelungenen Karrieren begünstigte.

Wir fanden drei besondere Eigenschaften, die sich durch alle Biographien zogen:
1. Den Willen, Verantwortung zu übernehmen: Sie hatten nie Angst vor Verantwortung und eventuellem Scheitern. 
2. Eine Vision: Sie waren alle getragen von weitreichenden Zielen.
3. Großes Durchhaltevermögen: Sie benahmen sich ausnahmslos wie der Frosch, der in die Milch fällt. Wie durch sein Zappeln die Milch zu rettender Butter wird, gaben sie bei Schwierigkeiten nicht auf, im Gegenteil: Sie wurden besonders aktiv. Es schien teilweise so, als dass Probleme ihre besten Lehrmeister waren.

Was heißt das im Zusammenhang mit Innovationen?

Um erfolgreich zu sein, benötigt die Führungskraft zunächst die Einsicht, dass nicht sie allein die große Ideengeberin ist, sondern eher die Wegbereiterin und strukturierende Begleiterin des Innovationprozesses. Sie braucht Leidenschaft für die Aufgabe des souveränen „Sozial-Architekten“, der selten im Rampenlicht steht, der sich dafür aber umso mehr prozessverantwortlich der inspirierenden Sache unterordnen kann. Diese Leidenschaft darf nicht von anderen Zielen als den Sachzielen selbst getragen werden. Der kanadische Psychologe Robert Vallerand von der Universität Montreal bezeichnet diese Art von Leidenschaft als harmonische. Sie wird nicht durch Nebenbestrebungen wie zum Beispiel persönliche Profilierung oder starkes Anerkennungsbedürfnis bestimmt. Diese Leidenschaften mit Nebeneffekt nennt Vallerand obsessiv. Sie zeichnen sich durch Zwanghaftigkeit aus, weil sie nicht aus Begeisterung für ein Sachziel und den Weg dorthin entstehen, sondern aus subjektiv erlebtem persönlichem Mangel, der nach unbedingtem Ausgleich streben lässt. Dieses Bestreben kann ein gesundes Maß leicht überschreiten und das Unternehmensziel oft außer Beachtung geraten lassen. Laut Vallerand kann nur die harmonische Leidenschaft dem Leitenden die Fähigkeit verleihen, auf die Experten in den Reihen der Mitarbeiter zu hören, eigene Wissensdefizite zugeben zu können und sich selbst wie alle anderen als Lernende zu begreifen.

Die Vision zur Innovationsförderung liegt im zukunftsorientierten gemeinsamen Finden neuer Problemlösungen und das Durchhaltevermögen bezieht sich besonders auf das Aushalten von produktiven Konflikten im anstrengenden Prozess innovativen Arbeitens.

Welche Fähigkeiten braucht die Führungskraft im unmittelbaren Austausch?

Um erfolgreich zu sein, benötigt die Führungskraft zunächst die Einsicht, dass nicht sie allein die große Ideengeberin ist, sondern eher die Wegbereiterin und strukturierende Begleiterin des Innovationprozesses.

Hoch entwickelte Sozialkompetenz im unmittelbaren Kontakt ist für die erfolgreiche Führungskraft sehr hilfreich. Menschen entscheiden sich für Unternehmen, die wirtschaftlich gut aufgestellt sind, sinnvolle Produkte verkaufen und interessante Arbeitsgebiete anbieten. Aber nach einer Studie des Management-Coachs Reinhardt Sprenger geben 80% der Beschäftigten, die sich entschließen zu kündigen, als Grund das schlechte Verhalten des direkten Chefs an. 

Sozialkompetenz gerade im unausweichlich konflikt­reichen Führen im Innovationsprozess hat allerdings mehrere Verhaltenskomponenten, die bei sinnvoller, lösungsorientierter Kommunikation im Idealfall von allen Beteiligten mitgetragen werden:

Im Hier und Jetzt auf Augenhöhe kommunizieren

Die Führungskraft braucht die Fähigkeit, mit Personen im Hier und Jetzt mit hoher Aufmerksamkeit Kontakt aufbauen zu können und auf einer Ebene in gedanklichen Austausch zu treten. Olivia Fox Cabane, amerikanische Psychologin und Persönlichkeits-Coach, sieht in der Fähigkeit zur Präsenz einen Grundstein für den, ihrer Ansicht nach, von jedem erlernbaren Ausdruck von überzeugendem Charisma im Umgang mit anderen. Es geht darum, eine Situation nicht sofort nach vorgefertigten Urteilen zu bewerten, sondern sie offen und differenziert wahrzunehmen. Damit lädt sie wiederum die Gesprächspartner zum gleichen Verhalten ein.  

Stärke, die sich aus Selbstvertrauen und der realistisch optimistischen Überzeugung der persönlichen Wirksamkeit speist

Es geht um das Design des Prozesses, für den die Führungskraft zuständig ist. Sie braucht dafür die Fähigkeit aus distanzierter souveräner Perspektive heraus Organisationsformen und Kommunikationsstrukturen analysieren und optimieren zu können. Sie braucht den Blick für das Ganze und muss in der Lage sein, mit ihrem holistischen Ansatz andere erreichen zu können. In diesem Zusammenhang muss sie fähig sein, irrationale Blockaden in der Organisation und bei sich selbst sowie den anderen zu erkennen und aufzubrechen. Innere Blockaden können aus Glaubenssätzen und ganzen Glaubenssystemen über sich selbst und das soziale Gefüge entstehen, in dem ein Mensch lebt. Beispiel dafür ist das bereits erwähnte „fixed Mindset“, das es unmöglich macht, sich zu entwickeln oder die bereits in der Kindheit erworbene übergroße Angst vor Risiken und dem Hinterfragen von Regeln sowie ein ausgeprägtes Misstrauen gegenüber allem Neuen, wie es Coach Petra Bock aus ihrer Coaching-Praxis in Berlin beschreibt. Sie braucht dafür ein hohes Selbstbewusstsein und fähigkeitsbasiertes Selbstvertrauen, das im Umgang mit anderen deutlich zum Ausdruck kommt. Es geht um den realistischen Blick auf die eigenen Möglichkeiten, ohne sich in seiner Wirksamkeit zu unter- oder zu überschätzen und seiner persönlichen Sicht auf die Dinge. Fox-Cabane identifiziert Sicherheit und Stärke als zweite Charisma-Komponente.

Zuwendung und Wohlwollen zeigen können

Um eine Atmosphäre von Vertrauen, Wohlwollen und Wertschätzung entstehen zu lassen, braucht die Führungskraft selbst eine realistische und grundlegend positive vertrauende Einstellung anderen gegenüber. Im Innovationsprozess bekommt diese Einstellung besondere Bedeutung. Um innovationsfördernde Diversität willkommen zu heißen, brauchen Leitende die positive Einstellung auch und gerade Personen gegenüber, die ganz anders gestrickt sind als sie selbst. Gelingt es, sich eine solche positive Perspektive zu Eigen zu machen, entsteht der Ausdruck von Zuwendung fast von selbst. Sie ist vergleichbar mit einem dritten Charisma-Baustein, dem Ausdruck von Wärme anderen gegenüber, den Fox-Cabane beobachtet hat. 

Lieber lebendig als perfekt! 

Sind die Erfolgreichen nun alle gleich im Umgang mit anderen? Reinhard Sprenger meint nein. Im Gegenteil: Er fand bei seiner Analyse höchst unterschiedliche Persönlichkeiten. Auch wenn eine zugewandte Haltung, ein freundliches Lächeln, ein klarer Blickkontakt ohne viel Kopfnicken und eine gerade Körperhaltung ein Stück weit trainiert werden können und damit Wärme, Stärke und Präsenz besser rüberkommen, als wenn man mit verschränkten Armen abgewandt und in sich zusammengesunken dasteht, so ist die wahre innere Einstellung entscheidend.  

Im Führungsseminar gebe ich einem leitenden Chef die Aufgabe, ein schwieriges Kritikgespräch zu führen. Herr Meier verhält sich unglaublich gut. Er bleibt sachlich, macht nie Vorwürfe. Er beginnt und beendet das Gespräch positiv und wertschätzend und immer durchdacht. Am liebsten würde ich es aufnehmen als Musterbeispiel gelungenen Verhandelns. Alle sind beeindruckt. Ein paar Wochen später sitze ich mit seinen Mitarbeitern zusammen. Es geht um Teambildung. Als wir auf ihren Vorgesetzten zu sprechen kommen, werden die Mienen verschlossen, bis einer meint: „Wenn Meier reinkommt, gibt’s nix mehr zu lachen.“ 

Mein Vorzeige-Chef zeigte sich im Alltag als überkorrekt mit einem Hang zur Fehlersuche und Vorwurfshaltung. Spontanität, Lebendigkeit und Offenheit für entspannten Diskurs waren nicht in seinem Repertoire. Offensichtlich hatte er seine wohlwollende Haltung im Rollenspiel wirklich nur gespielt und bemerkenswerte 10 Minuten lang durchgehalten. Im normalen Alltag ist das nicht möglich. Bevor man etwas in Worte fasst, hat man seine Meinung bereits über Gestik und Mimik kundgetan, ob man will oder nicht. Die Gesprächspartner haben blitzschnell reagierende Sensoren dafür.

Zusammengefasst brauchen innovationsfördernde Führungskräfte also echtes Interesse am Ideen- und Innovationsprozess und eine positive innere Einstellung gegenüber den Mitarbeitern. Der erfolgreich innovative Sozial-Architekt ist weniger ruhmreicher Leiter, als viel eher die graue Eminenz im besten Sinne, die andere dazu ermutigen kann, kreativ zu werden.  

 

Literatur zum Thema:

Assig, Dorothea; Echter, Dorothee: Ambition: Wie große Karrieren gelingen, Campus, Frankfurt am Main 2012

Badura, Bernhard et.al.: Fehlzeiten-Report 2009 und 2011, Springer, Heidelberg 2010 und 2012

Bock, Petra: Mindfuck: Warum wir uns selbst sabotieren und was wir dagegen tun können, Petra Bock, Knaur, München 2011

Böning, Uwe: Exzellent Führen, Haufe, Freiburg im Breisgau 1989

Branden, Nathaniel: Die 6 Säulen des Selbstwertgefühls: Erfolgreich und zufrieden durch ein starkes Selbst, German Edition, Piper, 5. Auflage München 2014

Dweck, Carol: Mindset: How You Can Fulfil Your Potential, Robinson, London 2012

Esslinger, Adelheid Susanne; Schobert, Deniz B. (Hrsg): Erfolgreiche Umsetzung von Work-Life Balance in Organisationen – Strategien, Konzepte, Maßnahmen, DUV, Wiesbaden 2007

Fox Canae, Olivia: The Charisma Myth: Master the Art of Personal Magnetism, Penguin, London 2012

Gallwey, Timothy: Inner Game Coaching – Warum Erfahrungen der beste Lehrmeister sind, allesimfluss_Verlag Staufen 2010

Hill, Linda A.; Brandeau, Greg; Truelove, Emily; Lineback, Kent: Collective Genius: The Art and Practice of Leading Innovation, Harvard Business Review, Watertown 2014

Kast, Bas: Und plötzlich macht es Klick – , Fischer, Frankfurt 2015

Osterloh, Margit; Weibel Antoinette: Investition Vertrauen – Prozesse der Vertrauensentwicklung in Organisationen, Gabler, Wiesbaden 2006

Sprenger, Reinhard: Radikal führen, Campus 2012

Sprenger, Reinhard: Das anständige Unternehmen, Deutsche Verlagsanstalt, München 2015

Vallerand, Robert: Psychology of Passion: A Dualistic Model (Series in Positiv Psychology), Robert Vallerand, Oxford 2015